Hier geht es um ein Thema, das du hier vielleicht nicht unbedingt erwartet hättest. Kein KI-Update, keine Plattformpolitik, kein neuer Digitalakt. Stattdessen: Entwicklungszusammenarbeit.

Klingt erstmal nach etwas, das maximal am Rande mit Tech, digitaler Kultur oder gesellschaftlicher Transformation zu tun hat.

Aber genau das ist der Trugschluss.

Denn auf den zweiten Blick ist Entwicklungszusammenarbeit ein Brennglas für all das, worum es mir geht: Narrative, Verantwortung, menschliche Kooperation und die Frage, wie wir eine bessere Welt gestalten. Oder eben nicht.

Und mich persönlich hat die Behandlung des Anliegens Entwicklungszusammenarbeit in diesem Jahr richtig wütend gemacht.

Denn es war eines der ersten Opfer der neuen US-Regierung unter Donald Trump. Kaum im Amt, wurde USAID – die größte Entwicklungsbehörde der Welt – mit aller Macht zurechtgestutzt und letztendlich zum Abschuss freigegeben. Projekte gestoppt. Ganze Programme gestrichen. Tausende Jobs gekappt. Trump selbst verlor dazu kein einziges mitfühlendes Wort. Ganz im Gegenteil. Und obendrauf jubelte der damals noch DOGE-Whatever Elon Musk auf X„We spent the weekend feeding USAID into the wood chipper. Could gone (sic!) to some great parties. Did that instead.“ In der Zwischenzeit ist die Behörde auch offiziell Geschichte.

Diese Mischung aus Zynismus, Menschenverachtung und ideologischem Abrisswahn hat mich tief getroffen. Und deshalb möchte ich in diesem Denkanstoss-Text einen genaueren Blick auf das werfen, was derzeit in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit passiert. Nicht, weil es ein Nischenthema wäre. Sondern weil es ein zentrales Feld ist, an dem sich globale Verantwortung, gesellschaftliche Narrative und politische Machtverschiebungen exemplarisch beobachten lassen.

Was bedeutet es, wenn sich die stärkste westliche Demokratie demonstrativ aus der Entwicklungszusammenarbeit zurückzieht? Was passiert, wenn rechte und wirtschaftsliberale Kräfte weltweit Narrative stärken, die jede Form globaler Solidarität als naiv, verschwenderisch oder ideologisch diffamieren? Und wie können wir dem etwas entgegensetzen?

Ein Text über politische Softpower, emotionale Wahrheiten, gute Geschichten… und darüber, was wir selbst erzählen können, wenn mal wieder jemand sagt:
„Wir können doch nicht die ganze Welt retten!“

Der inszenierte Kollaps: Wie Washington die amerikanische Entwicklungszusammenarbeit entkernt

Hast du eigentlich detailliert mitbekommen, was gerade nicht mehr passiert? USAID, die einst mächtigste Entwicklungsbehörde der Welt, wird abgewickelt. Es ist kein lauter Knall, sondern ein systematisch orchestrierter Rückzug, der die globale Landschaft verändert. Seit Donald Trumps Wiedereinzug ins Weiße Haus im Januar 2025 entkernt seine Regierung die amerikanische Entwicklungspolitik gezielt, statt sie zu reformieren. Schritt für Schritt wurden Budgets gestrichen, Projekte gestoppt und Personal entlassen. Und das alles weitgehend unter dem Radar der Weltöffentlichkeit.

Wo der Kongress 2018 eine drastische Kürzung des USAID-Budgets noch verhindern konnte, sind die Dämme 2025 final gebrochen. Mit loyalen Politikern*innen in Schlüsselpositionen im State Department und in den Ausschüssen hat die Regierung die Weichen gestellt, um die Entwicklungszusammenarbeit in ein reines Instrument der „America First“-Außenpolitik zu verwandeln.

Die Folgen sind unmittelbar und brutal:

Seit dem 1. Juli 2025 ist die USAID als eigene Behörde nun auch offiziell geschlossen. Die verbleibenden Programme und Zuständigkeiten wurden – soweit sie von der aktuellen US-Administration fortgeführt werden – in das US-Außenministerium (U.S. State Department) überführt. Öffentlich rechtfertigt die Administration diesen Kahlschlag mit einer Mischung aus Patriotismus und Anti-„Woke“-Rhetorik: amerikanisches Geld für amerikanische Kinder statt für den Export von Ideologien. Doch hinter dieser Fassade vollzieht sich ein geopolitischer Paradigmenwechsel: Die USA ziehen sich nicht nur politisch, sondern auch humanitär aus ihrer globalen Verantwortung zurück. Sie hinterlassen eine Leerstelle, die von anderen Akteuren nur zu gerne gefüllt wird.

Das globale Vakuum: Wie der Rückzug der USA den Systemwettbewerb befeuert

Auf der einen Seite ist der Rückzug der USA eine tektonische Verschiebung im globalen Machtgefüge. Auf der anderen bedeutet er für Menschen in Ländern wie Mali, Guatemala oder Bangladesch aber keine abstrakte Geopolitik, sondern eine Frage des Überlebens. Wo gestern noch Schulen gebaut, medizinische Versorgung durch USAID gesichert oder Klimaanpassungsprojekte gefördert wurden, herrscht heute Ungewissheit.

Und das Vakuum, welches zurückbleibt, bleibt nicht leer. Es wird umgehend von systemischen Rivalen gefüllt, die ein alternatives, autoritäres Angebot machen:

In diesem Umfeld ist Entwicklungszusammenarbeit kein moralisches Feigenblatt mehr, sondern ein zentrales Instrument im Wettbewerb der globalen Ordnungsmodelle.

Genau deshalb trifft uns der US-Rückzug ins Mark. Das bekannte Argument, wir würden durch Kürzungen langfristig nur Krisen, Migration und Sicherheitsrisiken importieren, ist zwar richtig, greift aber zu kurz. Es geht um mehr. Es geht um Europas strategische Handlungsfähigkeit in einer multipolaren Welt. Eine wertebasierte Partnerschaftspolitik ist ein entscheidender Hebel, um unsere eigenen Interessen zu wahren, globale Regeln mitzugestalten und die Resilienz unserer Wirtschaftsbeziehungen zu sichern.

Die logische Antwort auf dieses Vakuum wäre ein gestärktes, selbstbewusstes Europa, das strategisch und solidarisch Verantwortung übernimmt. Doch die Realität sieht anders aus: Ausgerechnet jetzt, wo europäische Führung am dringendsten gebraucht würde, wird die Entwicklungszusammenarbeit auch bei uns zur Zielscheibe von Haushaltsdebatten und populistischen Kampagnen.

Das importierte Drehbuch: Wie die deutsche Entwicklungszusammenarbeit unter Feuer gerät

Man sollte meinen, der strategische Rückzug der USA sei ein Weckruf für Europa. Doch stattdessen erleben wir in Deutschland das Gegenteil. Nämlich ein Klima, in dem die gleichen destruktiven Narrative, die in Washington Fakten schaffen, auch bei uns an Boden gewinnen (LinkLinkLink). Die Entwicklungszusammenarbeit, schon lange in der öffentlichen Wahrnehmung unter Druck, sieht sich einem orchestrierten Angriff an zwei Fronten ausgesetzt: im Parlament und in der öffentlichen Meinung.

  • Front 2: Die narrative Kriegsführung. Noch wirksamer ist der Angriff auf die Herzen und Köpfe. Systematisch werden rhetorisch wirksame Kampagnen gefahren, um die gesamte Entwicklungszusammenarbeit zu diskreditieren. Die Methode ist stets dieselbe. Ein einzelnes Projekt wird aus dem Kontext gerissen und ins Lächerliche gezogen, um das große Ganze zu delegitimieren.

Das Paradebeispiel ist die Desinformationskampagne um Radwege in Peru. Populistische Akteure verdrehten ein sinnvolles Projekt, durchgeführt von der deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) für klimafreundliche Stadtentwicklung zum Meme: „Deutsche Steuerzahler finanzieren Radwege für Lamas“. Dieses Narrativ ist perfide und wirksam, weil es komplexe globale Zusammenhänge auf eine simple, emotionalisierende Empörungsbotschaft reduziert. Es bedient zielsicher das Ressentiment, dass „uns hier das Geld fehlt, während es ins Ausland verschenkt wird“, und verfängt bei Menschen, die sich von der Politik abgehängt fühlen. Fakt ist: Ein Großteil der Summe ist ein rückzahlbarer Kredit für eine neue U-Bahn-Linie in Lima, kein Geschenk. Der eigentliche Zuschuss für die Radwege, die als Zubringer zur Metro dienen, beträgt einen Bruchteil dieser Summe.

Was hier stattfindet, ist mehr als nur Kritik. Es ist eine gezielte Erosion der gesellschaftlichen Legitimation von Solidarität und eine Schwächung europäischer Soft Power.

Mehr als Moral: Warum Entwicklungszusammenarbeit ein strategisches Investment ist

Bei all den Spottparolen und Haushaltsdebatten lohnt es sich, die wichtigste Frage zu stellen: Warum überhaupt Entwicklungszusammenarbeit?

Ein Wort der Klarheit vorab: Selbstverständlich ist die Entwicklungszusammenarbeit nicht perfekt. Es gibt fehlgeschlagene Projekte, endlose Wirksamkeitsdebatten und eine berechtigte, wichtige Diskussion über Machtasymmetrien und die Dekolonisierung der Hilfe. Doch diese notwendige, interne Kritik darf nicht zur Waffe für jene werden, die das Prinzip der globalen Kooperation aus ideologischen Gründen als Ganzes zerstören wollen. Denn blickt man hinter die Dilemmata auf den Kern, wird klar: Die Alternative zur internationalen Zusammenarbeit ist nicht eine bessere Welt, sondern eine gefährlichere.

Warum sollte uns das also in Berlin, Kaiserslautern oder Gillamoos interessieren? Die Antwort ist eine Verbindung aus Verantwortung und aufgeklärtem Eigeninteresse. Man kann sie in drei Punkten zusammenfassen:

  1. Weil globale Stabilität unser Fundament ist. Wer glaubt, dass unsere Sicherheit und unser Wohlstand von den Krisen der Welt abgekoppelt seien, verkennt die Realität. Klimawandel, Pandemien, politische Instabilität oder Hunger kennen keine Grenzen und treffen uns früher oder später mit voller Wucht. Entwicklungszusammenarbeit ist daher kein Akt der Mildtätigkeit, sondern kluge, strategische Voraussicht. Sie ist die effektivste Form der Krisenprävention, weil sie dort ansetzt, wo Instabilität entsteht. Sie schafft Perspektiven durch Bildung, sichert Lebensgrundlagen durch Zugang zu Wasser und Energie und stärkt Regionen, bevor sie zu Herden von Konflikten, Extremismus oder Flucht werden.
  1. Weil Werte unsere stärkste Währung sind ➡️ Das Prinzip der Soft Power. In einer Zeit, in der autoritäre Narrative weltweit an Boden gewinnen, ist ein humanistisches Weltbild, das auf Kooperation und Verantwortung setzt, nicht naiv, sondern klug. Es ist das Fundament für das, was der Politologe Joseph Nye in den frühen 2000er-Jahren als Soft Power bezeichnetedie Fähigkeit eines Staates, nicht durch Zwang oder Geld, sondern durch Anziehungskraft und Werte Einfluss auszuüben. Internationale Entwicklungszusammenarbeit ist das entscheidende Instrument dieser Soft Power. Sie schafft Vertrauen, Ansehen und Partnerschaften. Wer heute eine Schule baut, statt Waffen zu liefern, wer in Ausbildung investiert, statt Abhängigkeit zu schaffen, investiert in die eigene Rolle in der Welt. Die Absolventin einer von Deutschland geförderten Universität, der Ingenieur eines Solarkraftwerks, die Gründerin eines durch Mikrofinanzierung ermöglichten Start-ups, sie alle sind Partner von morgen. Das ist der Zinseszins der Soft Power.
  1. Weil wir sonst das Feld den anderen überlassen. Dieser Ansatz ist alles andere als akademisch. Im globalen Wettbewerb, in dem autoritäre Staaten mit Infrastruktur-Milliarden und Propagandanetzwerken um Einfluss werben (siehe oben), ist der Verzicht auf Soft Power ein strategisches Eigentor.

Hier gilt auch auf staatlicher Ebene, was du vielleicht schon aus dem Unternehmenskontext kennst: Das „S“ in ESG – Social – steht nicht nur für unternehmerische Verantwortung, sondern auch für staatliche Glaubwürdigkeit. Wer dieses „S“ streicht, verliert auf lange Sicht seine Lizenz zur Mitgestaltung der globalen Ordnung und überlässt das Spielfeld jenen, deren Werte nicht die unseren sind.

Die Deutungshoheit zurückgewinnen: Ein Plädoyer für eine neue Erzählung

Wenn wir die Entwicklungszusammenarbeit gegen ihre Kritiker*innen verteidigen wollen, müssen wir ehrlich sein: Wir verlieren den Kampf nicht, weil die Projekte schlecht sind, sondern weil unsere Geschichten nicht wirkungsvoll genug sind. Während Populisten mit einem einzigen, emotionalen Slogan ganze Debatten kippen, ersticken wir die öffentliche Wahrnehmung oft in 40-seitigen Projektberichten.

Es ist Zeit für eine radikale Wende in der Kommunikation. Nicht mehr Rechtfertigung, sondern Reframing. Statt defensive Zahlenfluten: mehr mutige, menschengemachte Geschichten. Statt „Entwicklungshilfe“: Partnerschaft auf Augenhöhe. Statt „Kostenpunkt“: Wirkungspunkt. Nur so lässt sich das „Warum“ wieder sichtbar machen jenseits von PDFs und Paragrafen.

Schon in meinem Essay „Bessere Geschichten über digitale Zukunftsoptionen erzählen“ habe ich beschrieben, wie stark unsere Vorstellungskraft bei Technologie-Themen von Narrativen geprägt wird. Und wie einseitig, dystopisch und technikdeterministisch diese oft sind. Für die Entwicklungszusammenarbeit gilt dasselbe. Wenn wir den Diskurs nur den Lauten überlassen, brauchen wir uns nicht wundern, wenn Vertrauen schwindet. Hier ist ein kleiner Leitfaden für mehr Wirkung:

1. Vom Projekt zur Wirkung: Menschliche Geschichten erzählen.
Wir müssen aufhören, in Outputs zu sprechen, und anfangen, in Impact zu erzählen.

  • ⛔️ Nicht so: „Mit 3 Mio. Euro wurden 28 Brunnen gebohrt.“
  • 🟢 Sondern so: „Amani musste früher jeden Tag zwei Stunden laufen, um Wasser zu holen. Jetzt geht sie zur Schule… und will Ärztin werden.“

Die zweite Geschichte bleibt im Kopf. Sie gibt der Investition ein Gesicht, einen Sinn und eine Zukunft.

2. Vom Kostenpunkt zum Investment: Den strategischen Nutzen betonen.
Wir dürfen uns nicht für internationale Solidarität entschuldigen. Wir sollten sie als Zeichen von Klugheit und Stärke präsentieren.

  • ⛔️ Nicht so: „Natürlich müssen wir auch bei der Entwicklungshilfe sparen.“
  • 🟢 Sondern so: „Als Land mit globalem Anspruch leisten wir genau da unseren Beitrag, wo er am dringendsten gebraucht wird… und erlangen noch handfeste Vorteile dadurch.“

Dies rahmt Entwicklungszusammenarbeit nicht als Kostenpunkt, sondern als strategisches Investment in eine gemeinsame Zukunft.

3. Von der Reaktion zur Aktion: Narrative proaktiv besetzen. Wir dürfen nicht warten, bis Desinformationskampagnen wie die um den „Fahrradweg in Peru“ viral gehen. Wir müssen Desinformation früh erkennen und entkräften! Darum brauchen wir Watchdogs, Faktenchecks, und ein eigenes Narrativ, das sitzt, bevor die nächste Welle kommt. Und natürlich müssen wir die Deutungshoheit proaktiv mit unseren eigenen, starken Geschichten besetzen, bevor die nächste Welle der Empörung kommt. Das bedeutet, die vielen Erfolgsgeschichten sichtbar zu machen, die oft im Verborgenen bleiben.

Eine kleine Bibliothek der besseren Geschichten

Wenn du dich jetzt fragst, wo diese Geschichten sind, musst du nicht lange suchen. Sie sind überall. Hier ist nur ein kleiner Auszug, quasi als Futter für das nächste Gespräch.

Die Basis: Wie deutsche Entwicklungszusammenarbeit wirkt.

In zahlreichen Ländern werden nachhaltige Entwicklungsprozesse angestoßen, die soziale Gerechtigkeit stärken, wirtschaftliche Teilhabe ermöglichen und den ökologischen Wandel vorantreiben. Als zentrale Durchführungsorganisation der Bundesregierung in Form des des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) konzipiert die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) gemeinsam mit lokalen Partnern viele passgenaue Maßnahmen, berät Regierungen und stärkt die Zivilgesellschaft. Konkret kann das so aussehen:

  • Inklusiv und praxisnah lernen
    In Pakistan, Kenia und Senegal verbindet das Programm Build4Skills berufliche Bildung mit realen Infrastrukturprojekten. Jugendliche sammeln praktische Erfahrung auf Baustellen, Ausbilder*innen werden geschult. Unternehmen werden für den Wert qualifizierter Fachkräfte sensibilisiert. Das ergänzende Programm BACKUP Bildung hilft Partnerländern dabei, gezielt Fördermittel zu beantragen und Bildungssysteme zu reformieren – mit besonderem Blick auf Mädchen und junge Frauen.
  • Energie für morgen aus Sonne und Verantwortung
    In Uganda stärkt ein umfangreiches Energieprogramm die Nutzung erneuerbarer Energien und fördert Energieeffizienz – mit ganzheitlichem Ansatz: Von Politikberatung bis Marktentwicklung. Gefördert werden unter anderem der Ausbau von Minigrids, solare Heimlösungen, effiziente Kochsysteme sowie der Zugang zu Energie für Landwirte, Genossenschaften und soziale Einrichtungen. Über Programme wie EnDev und Green People’s Energy profitieren ländliche Haushalte ebenso wie urbane Ballungsräume – mit dem Ziel: mehr Versorgungssicherheit, mehr Teilhabe, weniger Emissionen.
  • Klimafreundlich kochen und nachhaltig leben in Ruanda
    Mehr als 630.000 Menschen in Ruanda haben Zugang zu solaren Heim-Energiesystemen. Zusätzlich werden klimafreundliche Kochöfen und alternative Brennstoffe eingeführt, um die Umweltauswirkungen beim Kochen zu reduzieren. Kleine Wasserkraftwerke speisen Strom ins nationale Netz, und solarbetriebene Kühlhäuser eröffnen neue Chancen für Lebensmittelmärkte. Unterstützt durch ergebnisbasierte Fördermechanismen und gezielte Unternehmensförderung verändert nachhaltige Energieversorgung den Alltag und stärkt lokale Wirtschaftskreisläufe.

Der nächste Schritt: Wenn aus Projekten lokale Ökosysteme wachsen.

Die besten Projekte schaffen Strukturen, in denen lokale Unternehmen mit eigenen Ideen weitermachen. Man muss sie nur kennen… und weitererzählen. Zum Beispiel so:

„Moment mal… kennst du das Projekt in Ghana, wo sie Solarkioske in Dörfer ohne Strom gebracht haben? Seitdem können Kinder abends lernen, Frauen ihre Läden länger offen halten – und Handwerker arbeiten auch nach Sonnenuntergang. Dahinter steckt ein Start-up namens Sunhut. Die bauen kleine Häuschen mit Solarpanels, an denen man Lampen oder Handys laden kann. Gibt’s inzwischen über 70 Stück – und jedes einzelne verändert den Alltag vor Ort. Was ich besonders stark finde: Das Ganze ist auch ein Ergebnis gelungener Entwicklungszusammenarbeit. Erst wurden Strukturen aufgebaut und unterstützt, und jetzt greifen lokale Unternehmen das auf, machen mit eigenen Ideen weiter – und bleiben langfristig dran.“

Eine persönliche Geschichte: Ich erinnere mich auch gerne an ein anderes Beispiel, welches ich in diesem Jahr beim House of Beautiful Business PolyOpportunity Festival kennengelernt habe. Da geht es um das Anou Cooperative aus Marokko. Eine Genossenschaft, die vollständig den lokalen Handwerkerinnen gehört… ohne Zwischenhändler, ohne Fremdbestimmung. Entscheidungen, Erlöse, Verantwortung: alles bleibt in der Community. Was sie antreibt, ist die Maxime: ‚No more middlemen.‘ Für mich ein tolles Beispiel dafür, wie faire globale Wertschöpfung konkret aussehen kann. Und wie so etwas entstehen kann in einem Umfeld, in dem Förderung den Anschub ermöglicht. (hierüber und über das ganze Festival habe ich in meinem Erlebnisbericht ausführlicher geschrieben)

Was bleibt?

In einer Welt, in der immer mehr auseinanderzufallen droht, ist Entwicklungszusammenarbeit kein Feelgood-Projekt für Sonntagsreden. Sie ist gelebte Verantwortung und ein strategischer Hebel für unsere globale Stabilität. Dass ausgerechnet jetzt, wo sich so viele Fronten verschärfen, ein zentraler Player wie USAID demontiert wird, ist ein geopolitisches Alarmsignal.

Umso wichtiger ist es, dass wir in Europa – und damit auch wir in Deutschland – nicht in Zynismus oder Erschöpfung verfallen, sondern Haltung zeigen. Doch diese Haltung braucht unsere Stimme. Die Antwort auf die Abrissbirne eines „America First“ und die Narrative der Spalter*innen kann und darf nicht Schweigen sein. Sie muss eine bessere Geschichte sein. Eine Geschichte, die zeigt, was möglich ist, wenn Menschen zusammenarbeiten. Die die destruktiven Narrative übertönt und Lust auf Verantwortung macht. Dafür braucht es auch dich als Verbündeten im Alltag, die oder der widerspricht, wenn es mal wieder heißt: „Wir helfen lieber erst mal uns selbst.“ Sag’ dann: „Ich hab da letztens was gelesen…“ Und dann erzähl’ deine Version. Die mit den Menschen. Mit der Wirkung. Mit der Zukunft.

Denn manchmal beginnt Veränderung nicht mit einem Millionenbudget, sondern mit einer guten Geschichte am richtigen Tisch.

Bleib’ dran! ✨

Dieser Beitrag ist auch im Rahmen meines Newsletters DRANBLEIBEN – Einordnungen zu Tech & Gesellschaft erschienen